AG Rostock, Urteil vom 25. Oktober 2013, 47 C 135/13

AG Rostock, Urteil vom 25. Oktober 2013, 47 C 135/13

Ansprüche bei versehentlicher Nasen-Verletzung durch Steward mit einem Tablett auf Kreuzfahrtreise

Gericht

AG Rostock


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

25. 10. 2013


Aktenzeichen

47 C 135/13


Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt

Die Klägerin fordert Schadensersatz und Schmerzensgeld aufgrund eines Unfalls während einer Kreuzfahrtreise. Der Ehemann der Klägerin hatte bei der Beklagten für sich und die Klägerin eine Kreuzfahrtreise vom 14.4. bis 29.4.2011 gebucht. Am 24.4.2011 kam es gegen 9:00 Uhr in einem Restaurant zu einem Unfall. Dabei stieß ein schräg von hinten kommender Steward mit einem Tablett versehentlich gegen das Nasenbein der Klägerin. Hierdurch entstand eine Risswunde. Weitere Verletzungsfolgen sind strittig. Nach dem Zusammenstoß war der Klägerin schwindelig und ihr wurde übel. Sie begab sich mit Hilfe ihres Ehemannes in das Bordhospital. Hier wurde die Risswunde am Nasenrücken mit einem Pflaster (Leukostrips) fixiert. Der geplante Ausflug nach Luxor sollte auf ärztliches Anraten nicht durchgeführt werden. Weiterhin erhielt die Klägerin Schmerztabletten. Im Arztbericht wird die Verletzung wie folgt bezeichnet: “kleine Schürfwunde Nasenrücken”. In einem sogenannten “Medical Guest Accident Report” schrieb die Klägerin am 24.4.2011 u.a.: “Eine leichte Verletzung auf der linken Seite der Nase wurde auf der Krankenstation versorgt.”

Aufgrund der Wunde bzw. der Versorgung mit einem Pflaster konnte die Klägerin im Folgenden nicht mehr im Pool oder Meer schwimmen gehen. Ein weiterer Arztbesuch durch die Klägerin erfolgte nicht.

Die Klägerin fordert ein Schmerzensgeld i. H. v. mindestens 600 EUR und Schadensersatz für entgangene Urlaubsfreude für sechs Tage i. H. v. insgesamt 300 EUR. …

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäß §§ 651f Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB einen Anspruch auf Schmerzensgeld für die durch einen Mitarbeiter der Beklagten erlittene Verletzung am 24.4.2011 in Höhe 300 EUR. Der vorgenannte Betrag ist ausreichend und angemessen, um die Verletzungsfolgen zu kompensieren. Weitergehende Ansprüche bestehen nicht.

Zunächst kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin aufgrund der Buchung der Reise durch ihren Ehemann unmittelbar Vertragspartnerin der Beklagten wurde oder in den Schutzbereich des zwischen dem Ehemann der Klägerin und der Beklagten abgeschlossenen Reisevertrages einbezogen ist.

Die durch die offensichtliche Unaufmerksamkeit des Stewards der Beklagten hervorgerufene Verletzung der Klägerin stellt einen Mangel i.S. v. § 651f Abs. 1 BGB dar, denn die Klägerin hat einen Anspruch darauf, während der Reise auf dem Schiff nicht verletzt zu werden. In der Verletzung liegt die Abweichung (Fehler) von der geschuldeten Leistung der Beklagten.

Die Verletzungshandlung sowie das Vertretenmüssen der Beklagten stehen nicht im Streit.

Für die Bemessung des Schmerzensgeldes ist vorliegend zunächst die unstrittige Schürfwunde am Nasenrücken der Klägerin zugrunde zu legen. Hinzu kommt, dass der Klägerin unstrittig nach dem Zusammenstoß schwindelig wurde und sie an Übelkeit litt. Diese Folgen klangen allerdings relativ schnell ab. Weiterhin ist das Gericht aufgrund der Aussage des als Zeugen vernommenen Ehemanns der Klägerin in ausreichendem Umfang davon überzeugt, dass die Nase der Klägerin anschwoll und die Klägerin in den nächsten Tagen Schmerzen hatte, die zumindest für die nächsten zwei Nächte auch zu Schlafproblemen führten. Der Zeuge B. bekundete in diesem Zusammenhang, dass die Nase geschwollen gewesen sei und diese Schwellung langsam zurückgegangen wäre. Seine Frau sei Nachts wiederholt wach geworden und hätte “rumgegeistert”. Dabei habe sie geäußert, dass sie Schmerzen hätte.

Nicht nachgewiesen ist in ausreichendem Umfang, dass die Nase der Klägerin innerlich angeschwollen war und die Klägerin deshalb Atemprobleme hatte. Zwar bekundete der Zeuge auch, dass die Klägerin Nachts den Mund aufgemacht hätte, was sie sonst nicht machen würde. Dies allein genügt jedoch für den Nachweis der behaupteten Verletzungsfolge nicht. Auffällig ist in diesem Zusammenhang zunächst, dass das innerliche Anschwellen der Nase und die damit behaupteten Atemprobleme von der Klägerin selbst in ihrer Forderung auf Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz vom 23.5.2011 nicht erwähnt werden. Nach dem Inhalt dieses Schreibens seien “nur” die Schmerzen für einen fehlenden ruhigen Schlaf gewesen. Es hätte nahgelegen, dass die Klägerin in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen hätte, dass sie durch das Anschwellen der Nase an Atemproblemen gelitten habe. Hinzu kommt, dass die Klägerin selbst mit der Klage lediglich vortrug, dass die Nase noch zwei weitere Tage innerlich angeschwollen gewesen sei und hierdurch das Atmen erschwert worden wäre. Der Zeuge macht in diesem Zusammenhang in seiner Aussage keine entsprechende Einschränkung.

Weiterhin beweist die Klägerin nicht, dass sie aufgrund der Schlafunterbrechungen dauerhaft geschwächt gewesen sei bzw. sich müde und angeschlagen gefühlt habe. Zweifel rufen hier ein Vergleich des klägerischen Vortrages und die Aussage des Ehemanns der Klägerin hervor. Während die Klägerin vortrug, sie habe an drei Ausflügen in der Folgezeit nicht teilnehmen können, weil das Gesicht geschwollen und sie müde und angeschlagen gewesen wäre, bekundete der Zeuge, dass er und die Klägerin auf die Landausflüge verzichtet hätten, weil insofern Badeausflüge geplant gewesen seien, die nunmehr – unstrittig – nicht mehr möglich waren. Weiter trägt die Klägerin vor, sie habe die abendlichen Veranstaltungen wie Tanz oder Konzertveranstaltungen ab dem 24.4.2011 nicht mehr besucht bzw. diese wären wegen der Kopfschmerzen kein Genuss sondern eher eine Last gewesen. Der Zeuge B. bekundete dagegen, dass er und die Klägerin die Abendprogramme wahrgenommen hätten.

Zusammenfassend hatte die Klägerin unstrittig eine zunächst blutende Wunde am Nasenrücken, die durch entsprechende Spezialpflaster versorgt wurde. Darüber hinaus bestehen keine Zweifel, dass die Klägerin auch an den folgenden Tagen noch an Schmerzen litt und dass die Nase zunächst angeschwollen war. Mangels entsprechenden Nachweises ist in diesem Zusammenhang allerdings zugrunde zu legen, dass die Schwellungen und Schmerzen nach einigen Tagen zurückgingen.

Die vorgenannten Verletzungen bzw. Verletzungsfolgen rechtfertigen ein Schmerzensgeld i. H. v. 300 EUR.

Der Anspruch auf Schmerzensgeld soll den vom Verletzten erlittenen immateriellen Schaden angemessen ausgleichen. Der Verletzte soll einen Ausgleich für erlittene Schmerzen und Leiden enthalten; das Schmerzensgeld soll ihn in die Lage versetzen, sich Erleichterungen und Annehmlichkeiten zu verschaffen, die die erlittene Beeinträchtigung jedenfalls teilweise ausgleichen. Darüber hinaus soll das Schmerzensgeld dem Verletzten Genugtuung für das verschaffen, was ihm der Schädiger angetan hat (Palandt / Grüneberg, BGB [72. Aufl.], § 253 Rn. 4). Der Anspruch auf Schmerzensgeld kann bei unbedeutenden Eingriffen entfallen, wenn das Wohlbefinden des Verletzten nur kurzfristig und unerheblich beeinträchtigt worden ist. Ausgeschlossen ist der Schmerzensgeldanspruch in der Regel bei einer geringfügigen Platz- oder Schürfwunde, leichten Prellungen, unerheblichen Bluterguss u.a. (a.a.O., Rn. 14). Hier ging die Verletzung der Klägerin über eine Schürfwunde hinaus. Wie bereits dargelegt ist das Gericht davon überzeugt, dass die Klägerin über mehrere Tage auch Schmerzen hatte, so dass die sogenannte Geringfügigkeitsgrenze im vorliegenden Fall überschritten wurde. Gleichwohl ist festzustellen, dass die zugrunde zu legenden Verletzungsfolgen lediglich eine Ausgleichszahlung im unteren Bereich rechtfertigen. Dementsprechend ist die Angemessenheit einer Zahlung i. H. v. 300 EUR festzustellen.

Kein Anspruch besteht auf Schadenersatz wegen entgangener Urlaubsfreude gemäß § 651f Abs. 2 BGB. Nach dieser Vorschrift setzt ein Schadensersatzanspruch eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise voraus. Diese lag hier nicht vor. Die Verletzungsfolgen wirkten sich auf sechs Tage der 14-tägigen Kreuzfahrt aus. Neben dem Auftreten von Schmerzen und zumindest für maximal zwei Nächte damit verbundenen Schlafstörungen sowie der unstrittig entfallenen Möglichkeit des Schwimmens oder Badens im Pool oder im Meer, lassen sich keine weiteren negativen Auswirkungen für die Reise feststellen. Dass die Klägerin verletzungsbedingt nicht an Landausflügen teilnehmen konnte, trifft unstrittig nur für den am Verletzungstag geplanten Ausflug nach Luxor zu. Für die übrigen Tage kann dies nicht angenommen werden. Wie bereits dargelegt bekundete der Ehemann der Klägerin, dass die Landausflüge lediglich deswegen nicht unternommen worden seien, weil insofern Badeaufenthalte geplant gewesen wären. Das Entfallen von drei Landaufenthalten zum Baden und die fehlende Nutzungsmöglichkeit der Pools auf dem Schiff stellen keine erhebliche Beeinträchtigung der Reise i. S. v. § 651 f BGB dar. Im Übrigen trägt die Klägerin nicht vor oder beweist dies nicht (Abendveranstaltungen), dass sie gehindert war, die übrigen Leistungen der Beklagten in Anspruch zu nehmen.

Nicht entschieden werden muss, ob die Klägerin aufgrund der erlittenen Verletzungen und der damit verbundenen Einschränkungen z.B. hinsichtlich der Bademöglichkeiten Minderungsansprüche hätte, denn solche werden nicht geltend gemacht.

Die Nebenforderung ist gemäß §§ 286 ff. BGB unter dem Gesichtspunkt des Verzuges begründet. Der von der Klägerin geltend gemachte Verzugszeitpunkt 7.6.2011 ist unschlüssig. Einseitige Zahlungsaufforderungen begründen keinen Verzug. Allerdings ist vorliegend mit dem Ablehnungsschreiben der Beklagten bzw. der von ihr eingeschalteten Haftpflichtversicherungsgesellschaft vom 19.7. 20 11 Verzug eingetreten. Eine Zahlung auf das Angebot der Versicherungsgesellschaft erfolgte tatsächlich nicht. …

Rechtsgebiete

Reiserecht