LG Köln, Urteil vom 4. Februar 2010, 6 S 269/09

LG Köln, Urteil vom 4. Februar 2010, 6 S 269/09

Hundehaltung in Mietwohnung ohne Vermietererlaubnis

Gericht

LG Köln


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

04. 02. 2010


Aktenzeichen

6 S 269/09


Leitsatz des Gerichts

1. Sieht ein Formularmietvertrag vor, dass die Haltung eines Hundes nur mit vorheriger Zustimmung des Vermieters zulässig ist, die nur für den Einzelfall erteilt wird, kann der Vermieter die Abschaffung eines ohne Einwilligung angeschafften Hundes auch dann ohne nähere Begründung verlangen, wenn vor ihm anderen Mietern die Haltung von Hunden erlaubt wurde.

2. Es gibt keinen Anspruch auf Gleichbehandlung aller Mieter.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des AG Kerpen vom 30.06.2009 (22 C 412/08) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung durch den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.400 € abwenden, wenn der Kläger nicht vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Entscheidungsgründe


Gründe:

Die Beklagten sind Mieter der Beklagten.

In § 25 Ziffer 1 des Mietvertrages ist geregelt, dass das Halten von Kleintieren (z. B. Ziervögel und Zierfische u. a.) ohne Erlaubnis des Vermieters (im haushaltsüblichen Umfang) zulässig ist. In § 25 Ziffer 2 heißt es:

„Die Haltung eines sonstigen Haustieres, insbesondere einer Katze oder eines Hundes ist nur mit vorheriger Zustimmung des Vermieters zulässig. Sie wird nur für den Einzelfall erteilt und kann bei Vorliegen eines wichtigen Grundes widerrufen werden. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn Mitmieter in ihren Rechten aus dem Mietverhältnis beeinträchtigt werden.“

In der Liegenschaft werden von anderen Mietern Hunde, beziehungsweise Katzen gehalten und der Kläger hat die dazu erforderliche Zustimmung jeweils erteilt.

Ohne die Zustimmung des Klägers einzuholen, schafften sich die Beklagten im April 2008 einen Mischlingshund an.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger Abschaffung des Hundes. Er hat behauptet, der Hund habe in der Vergangenheit Gemeinschaftsanlagen verunreinigt.

Die Beklagten haben die Auffassung vertreten, dass das Ermessen des Klägers nicht frei sei. Da in der Liegenschaft weitere Hunde gehalten würden, bedürfe es besonderer Gründe für die Untersagung der Tierhaltung. Ihr Hund habe Gemeinschaftsanlagen nicht verunreinigt.

Das Amtsgericht Kerpen hat mit Urteil vom 30.06.2009, auf das Bezug genommen wird, der Klage stattgegeben mit der Begründung, dass der Kläger in seiner Entscheidung, ob er die Hundehaltung in einer Mietwohnung gestatten wolle, frei sei und zwar auch dann, wenn in der Wohnanlage bereits andere Hunde gehalten würden.

Gegen das ihnen am 17.07.2009 zugestellte Urteil haben die Beklagten mit einem am 14.08.2009 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 16.09.2009 bei Gericht eingegangen Schriftsatz begründet.

Sie vertreten die Auffassung, der Vermieter sei in seinem Ermessen nicht frei, insbesondere nicht, da er in dem gleichen Haus und in den Nachbarhäusern mehreren Mietparteien die Haltung von Hunden und Katzen gestattet habe. Im Übrigen sei der Kläger bereits deshalb in seinem Ermessen eingeschränkt, da er die Abschaffung des Hundes erst mit Schreiben vom 24.10.2008 verlangt habe.

Die Beklagten beantragen,

das Urteil des Amtsgerichts Kerpen vom 09.06.2009, Az.: 22 C 412/08, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er vertritt die Auffassung, dass auch der Umstand, dass die Abschaffung des Hundes nicht sofort verlangt worden sei, keine andere Beurteilung rechtfertige.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf Beseitigung des Hundes zu.

Die Haltung des Hundes innerhalb der Mietwohnung stellt eine vertragswidrige Nutzung der Wohnung dar, da sie gegen § 25 des Mietvertrages verstößt.

Die Regelung der Tierhaltung in § 25 des Mietvertrages ist insgesamt wirksam, da sie die Haltung von Kleintieren ohne besondere Gestattung zulässt (vgl. BGH, Urteil vom 14.11.2007, VIII ZR 340/06, WuM 2008, 23 ff) und auch für die Zustimmung zur Haltung sonstiger Haustiere, insbesondere von Hunden und Katzen kein Schriftformerfordernis aufgestellt worden ist (vgl. Rechtsentscheid des OLG Hamm vom 13.1.1981, WuM 1981, 53 ff.).

Die Beklagten haben gegen § 25 Abs.2 des Mietvertrages verstoßen, da sie die gemäß § 25 Abs. 2 des Mietvertrages erforderliche vorherige Zustimmung des Vermieters zur Hundehaltung nicht eingeholt haben.

Die Frage, ob bei einer wirksamen Klausel der vorliegenden Art der Vermieter die Erlaubnis nach freiem Ermessen versagen darf oder ob hierfür Sachgründe vorliegen müssen, hat der BGH in der vorgenannten Entscheidung offen gelassen. Sie ist in Rechtsprechung und Literatur streitig.

Nach einer Auffassung muss der Vermieter eine Interessenabwägung vornehmen und kann die Erlaubnis zur Tierhaltung nur versagen, wenn hierfür gewichtige und überzeugende Sachgründe vorliegen (Blank, Tierhaltung in Eigentums- und Mietwohnungen, NJW 2007, 729 ff m. w. Nw; Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Auflage, Rn. VI, 231; Schmidt-Futterer, Mietrecht 9. Auflage, § 535 Rz.509; Hülsmann, Tierhaltung im Mietrecht, NZM 2004, 841 ff).

Nach anderer Auffassung (vgl. z. B. OLG Hamm, Rechtsentscheid vom 13.1.1981 WuM 1981, 53 ff; LG Köln NJW 1994, 185 ff ) ist der Vermieter in seiner Entscheidung, ob er eine Hundehaltung in einer Mietwohnung gestatten will, auch dann frei, wenn er wie hier, in der Wohnanlage bereits andere Hunde geduldet hat (s. a. LG Berlin NZM 1999, 455). Nach dieser Auffassung wird das Ermessen des Vermieters nur durch die nach § 242 BGB geltenden Grundsätze, insbesondere durch das Verbot missbräuchlichen oder treuwidrigen Verhaltens, begrenzt.

Die Kammer folgt, wie das Amtsgericht, der letztgenannten Auffassung und schließt sich insoweit der in jeder Hinsicht zutreffenden Begründung der angefochtenen amtsgerichtlichen Entscheidung an. Klarstellend sei nochmals hervorgehoben, dass es im Mietrecht keinen Anspruch auf Gleichbehandlung aller Mieter gibt, da Art. 3 GG im Verhältnis zwischen Privatleuten grundsätzlich keine Anwendung findet. Dementsprechend besteht auch kein Anspruch des Mieters auf z. B. gleiche Miete oder gleiche Ausstattung der Wohnung. Dies ist bei der Tierhaltung nicht anders. Gerade wenn bereits mehrere Tiere im Wohnobjekt gehalten werden, kann das Hinzukommen weitere Tiere zu Problemen und Streitigkeiten führen, so dass eine Selbstbindung des Vermieters, der bereits ein oder mehrere Tiere erlaubt hat oder duldet, nicht angenommen werden kann. Auch unter dem Gesichtspunkt, ob die Nachbarn oder Mitmieter nichts gegen die Tierhaltung einwenden, ist eine Einschränkung des Ermessens nicht gerechtfertigt. Gerade in größeren Mietobjekten – vorliegend handelte sich um ein Objekt mit 44 Wohnungen – kommt es immer wieder zu einem Wechsel im Mieterbestand. selbst wenn daher die aktuellen Mitmieter mit der Tierhaltung einverstanden sind, kann sich das bei einem Mieterwechsel schnell ändern. Dann aber läuft der Vermieter Gefahr, sich Beschwerden, dem Verlangen auf Einschreiten oder Mietminderungen ausgesetzt zu sehen. Daher muss es nach Auffassung der Kammer im freien Ermessen des Vermieters stehen, inwieweit er sich diesem Risiko aussetzen will, und zwar bis zur Grenze der schikanösen Rechtsausübung. Dass diese Grenze überschritten ist, ist nicht ersichtlich. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen dass die Beklagten, obwohl sie sich vertraglich dazu verpflichtet hatten, vor Anschaffung des Hundes nicht um eine Zustimmung nachgesucht haben. Wenn sie den Mietvertrag in Bezug auf die Frage der Tierhaltung nicht durchgelesen haben, kann dies nicht dem Kläger entgegengehalten werden. Auch wenn der Kläger mit dem Verlangen nach Beseitigung des Hundes einige Monate abgewartet hat, stellt dies keinen Rechtsmissbrauch dar. Insbesondere kann eine Verwirkung des Anspruchs auf Beseitigung des Hundes nicht angenommen werden. Für die Annahme einer Verwirkung fehlt es neben einem längeren Zeitablauf (hier waren es ca. 7 Monate) auch an einem Umstandsmoment. Die Beklagten haben den Hund nicht etwa im Vertrauen auf ein Untätigsein des Klägers angeschafft, sondern ohne vorherige Information oder Nachfrage.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Ziffer 10, 711 ZPO.

Die Revision war nach § 543 Abs. 2 ZPO zur Klärung der Rechtsfrage, ob bei einem formularmäßigen Tierhaltungsverbot mit Genehmigungsvorbehalt von einem freien Ermessen des Vermieters auszugehen ist, zuzulassen.

Streitwert für die erste Instanz und Berufungsstreitwert: bis 600 €

Der Streitwert für die erste Instanz richtet sich nach dem nach § 3 ZPO zu bewertenden Interesse des Vermieters an der Entfernung des Hundes. Dieses schätzt die Kammer auf nicht mehr als 600 €, da besondere Umstände, die ein höheres Interesse rechtfertigen könnten, nicht erkennbar sind, da es insbesondere nicht zu schwerwiegenden Störungen durch das Tier gekommen ist.

Der Streitwert für die zweite Instanz richtet sich nach dem nach § 3 ZPO zu bewertenden Interesse der Beklagten an der Tierhaltung. Dieses Interesse ist ebenfalls nicht höher als 600 € einzuschätzen, da auch insoweit besondere Umstände nicht erkennbar sind. Das reine Affektionsinteresse wirkt sich auf den Streitwert nicht aus.

Rechtsgebiete

Mietrecht

Normen

BGB § 242