Nachbarrecht-Mythen (V): Irrtümer über Hecken

Nachbarrecht-Mythen (V): Irrtümer über Hecken

Grundstücksbesitzer schätzen ihre Privatsphäre und daher gehört für viele hinter einen ordentlichen Zaun auch eine undurchsichtige Hecke. Da diese zuweilen stärker und schneller wachsen als erwartet und dann für Nachbarschaftszwist sorgen, haben die meisten Länder und Gemeinden konkrete Vorschriften bezüglich Höhe, Abständen und Pflanzenarten erlassen. Wir beschäftigen uns in diesem Artikel mit den vorherrschenden Annahmen über Heckenanpflanzung und klopfen diese auf ihren Wahrheitsgehalt ab.



Die Gemeinde kann bestimmte Heckensorten vorschreiben, die gepflanzt werden dürfen.

Stimmt. In einem Bebauungsplan können Vorgaben zur Höhe, Grenzabstand und auch zur Art der Gehölze gemacht werden. Man erkundigt sich am besten bei der unteren Bauaufsichtsbehörde. In größeren Gemeinden ist dies die Gemeinde selbst, in kleineren Gemeinden das Landratsamt oder die Kreisbehörde.


Eine Hecke darf nicht genau auf der Grundstücksgrenze gepflanzt werden.

Stimmt. Als Hecke wird laut Gesetz eine Reihe von Sträuchern oder Bäumen bezeichnet, die so dicht nebeneinander gepflanzt sind, dass sie miteinander verwachsen können und eine geschlossene Pflanzenwand bilden. Hecken müssen immer Grenzabstände einhalten. Abgesehen von regionalen Unterschieden (jedes Bundesland hat ein eigenes Nachbargesetz) gelten für Hecken in der Regel Grenzabstände von mindestens 50 Zentimeter, wenn sie nicht höher als  2,00 m sind. Für höhere Hecken gelten noch größere Grenzabstände. Wie hoch eine Hecke, wenn sie einen bestimmten Grenzabstand einhält, sein darf, ergibt sich aus dem jeweiligen Nachbargesetz. Je weiter weg die Hecke von der Grenze gepflanzt ist, desto höher darf sie wachsen. Überschreitet die Hecke die zulässige Höhe kann ein Rückschnitt auf die zulässige Höhe verlangt werden. Viele Landesgesetze enthalten umfangreiche Sondervorschriften für landwirtschaftlich genutzte oder Waldgrundstücke. Wer an derartige Grundstücke angrenzt, sollte sich bei der Gemeinde, der Forstverwaltung oder der Landwirtschaftskammer erkundigen.


Der Nachbar muss die Hecke auf 2 Meter Höhe halten.

Es kommt darauf an. In den Nachbarrechtsgesetzen der jeweiligen Bundesländer ist im Prinzip meistens geregelt, dass eine Hecke mit einem Grenzabstand von 50 cm nicht höher als 2 m wachsen darf. Hier gibt es jedoch etliche landesrechtliche Unterschiede. So dürfen z.B. in Baden-Württemberg die Hecken nur 1,80 m hoch werden und dürfen in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September nicht geschnitten werden. Auch verjährt der Rückschnittanspruch nicht. In Bayern gibt es keinen Rückschnittanspruch, sondern nur einen Anspruch auf Beseitigung zu grenznaher Bepflanzung. In diesen und vielen anderen Bundesländern stellt sich allerdings das Problem, wie oft der Rückschnitt auf die maximal zulässige Höhe gefordert werden kann, und in einigen Bundesländern kommt es auch noch darauf an, wann dieser Anspruch verjährt. Denn in den meisten Nachbarrechtsgesetzen kann nach fünf Jahren kein Rückschnitt mehr gefordert werden. In Bayern geht es um die ähnliche Frage, wie oft der Nachbar, um der Beseitigungsverpflichtung der Hecke zu entgehen, zurückschneiden muss und ob nach fünf Jahren Rückschnitt die Hecke wegen Bestandsschutzes in den Himmel wachsen darf. Diesen Fragestellungen hat sich nunmehr der BGH angenommen. Im Beschluss V ZB 72/11 legt sich das Gericht unter Anwendung des sächsischen Nachbarrechtsgesetzes darauf fest, dass der Nachbar in der Regel jährlich nicht nur einmaliges, sondern zweimaliges Zurückschneiden auf 2 m verlangen kann, nämlich in und nach der Wachstumsperiode. (Ausnahme: z.B. Baden-Württemberg oder Sachsen). Außerdem entsteht nach jedem Nachwachsen über die höchstzulässige Höhe der Rückschnitt- oder Beseitigungsanspruch (z.B. Bayern) wieder neu. Eine Verjährung tritt also erst ein, wenn die zu grenznah gepflanzte Hecke mehr als fünf Jahre nicht auf das zulässige Maß gekürzt wurde. Deshalb sollte immer darauf geachtet werden, dass der Nachbar wenigstens alle fünf Jahre die Hecke in der Höhe schneidet. (In Nordrhein-Westfalen müssen übrigens sechs Jahre verstreichen, bis der Anspruch verjährt.)


Der einzuhaltende Grenzabstand richtet sich nach der Wachstumsgeschwindigkeit der Pflanzen.

Das gilt nicht immer. Für beispielsweise Bayern stimmt das nicht. In manchen Bundesländern wird der Grenzabstand tatsächlich danach ausgelegt, wie schnell oder wie hoch die Gehölze wachsen. So schreibt etwas das Nachbargesetz von Nordrhein-Westfahlen vor, dass mit stark wachsenden Bäumen, insbesondere der Rotbuche (Fagus silvatica) und sämtliche Arten der Linde (Tilia), der Platane (Platanus), der Rosskastanie (Aesculus), der Eiche (Quercus) und der Pappel (Populus) ein Grenzabstand von 4,00 m, mit allen übrigen Bäumen nur ein Grenzabstand von 2,00 m eingehalten werden muss.


Überwachsende Heckenteile darf man jederzeit abschneiden.

Ganz so einfach ist das nicht. Zweige – nicht jedoch ganze Bäume – die über die Grundstücksgrenze ragen, darf man an der Grenze abschneiden. Das Gesetz (§ 910 BGB) verlangt allerdings eine tatsächliche Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung. So z.B. wenn die geplante Kinderschaukel nicht aufgestellt werden kann, wenn zahlreiche Mostbirnen herüberfallen oder durch größere Mengen Laub oder klebrige Baumsäfte häufige Reinigungsarbeiten auf dem eigenen Grundstück erforderlich werden. Dagegen genügt es nicht, wenn lediglich einige Blätter des Nachbarbaumes auf den eigenen Rasen fallen. Außerdem ist es wichtig, dass man dem Nachbarn eine angemessene Frist setzt, um die Beeinträchtigung zu beseitigen. Erst wenn die Frist verstrichen ist, darf man selbst Handeln und die Zweige abschneiden. Achtung: Die Zweige dürfen nur soweit abgeschnitten werden, wie sie hinüberragen. Das heißt, es besteht kein Anspruch darauf, die Zweige am Baumstamm zu entfernen. Ein Nachbar, der zu weit über die Grenze hinüberschneidet, kann sich daher schadensersatzpflichtig machen.


Die Wurzeln der Hecke dürfen nicht aufs Nachbargrundstück austreiben.

Wurzeln, die vom Nachbargrundstück her eingedrungen sind, darf man an der Grenze abschneiden und entfernen. Auch das ist im Gesetz (§ 910 BGB) geregelt. Voraussetzung ist auch hier, dass die Benutzung des Grundstücks tatsächlich beeinträchtigt ist. So z.B. wenn Abflussrohre beschädigt werden. Das bloße Vorhandensein von Wurzeln im Erdreich noch keine Beeinträchtigung dar, auch wenn dem Boden Nährstoffe und Wasser entzogen werden! Für Schäden, die durch den Überwuchs entstehen, z.B. durch das Eindringen von Wurzeln in Abwasserleitungen, hat gemäß §§ 823 I, 1004 BGB der schädigende Nachbar aufzukommen.


Hecken dürfen jederzeit entfernt werden, unabhängig von Alter und Höhe.

Das kann man so allgemein nicht ausdrücken. Auf dem eigenen Grundstück kann man grundsätzlich Gehölze pflanzen und fällen, wie man will. Aber es gibt regionale Unterscheide. So dürfen z.B. in Baden-Württemberg die Hecken in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September nicht geschnitten werden. Außerdem kann eine alte Hecke auch unter Naturschutz stehen oder von einer örtlichen Baumschutzsatzung geschützt sein. Deshalb vorsorglich bei der Gemeinde erkundigen. Denn Unwissenheit schützt vor Bußgeld nicht.